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Strukturierung

Nicht-manuelle Strukturierung

Die Österreichische Gebärdensprache kann durch nicht-manuelle Elemente wie beispielsweise durch Bewegungen im Gesichtsbereich oder Ausführung von Kopf- und Körperbewegungen strukturiert sein. Durch Kopfnicken, Kopfschütteln, Bewegungen des Oberkörpers und dergleichen kann ein Bedeutungsunterschied entstehen, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen:

Bejahen:
Kopfnicken, welches eine Äußerung begleitet, kann einen Inhalt bejahen. Wird die Gebärde VERSTEHEN zusammen mit Kopfnickbewegungen ausgeführt, bedeutet dies: „Ja, ich verstehe.“

Verneinen:
Das Schütteln des Kopfes während einer Äußerung kann den Inhalt verneinen. Wird die Gebärde VERSTEHEN von einem Kopfschütteln begleitet, bedeutet dies: „Nein, ich verstehe (es) nicht.“

Verstärktes Verneinen:
Wenn eine gebärdensprachliche Äußerung von Kopfschütteln und gleichzeitig von der Mundgeste „aufgeblasenen Wangen“ begleitet wird, so wird der Inhalt vollständig negiert. Wird die Gebärde VERSTEHEN von diesen beiden nicht-manuellen Elementen überlagert, bedeutet dies: „Ich verstehe gar nichts.“

Verstärktes Nachfragen:
Das gleichzeitige Vorneigen des Oberkörpers samt dem Ausführen weiterer nicht-manueller Elemente (Neigen des Kinns nach unten sowie einem Hochziehen der Augenbrauen) weist auf ein verstärktes Nachfragen hin. Wenn während der Gebärde VERSTEHEN der Oberkörper vorgeneigt wird und die entsprechende nicht-manuelle Konfiguration ausgeführt wird, bedeutet dies: „Verstehst du (es) wirklich?“


Verschiedene nicht-manuelle Strukturen

Nicht-manuelle Elemente können unterschiedliche Funktionen in gebärdensprachlichen Texten aufweisen:

(1)

Zum Ersten gibt es bestimmte Gebärden, die untrennbar mit nicht-manuellen Komponenten wie bestimmten Bewegungen des Gesichtes verbunden sind. Dies verdeutlichen folgende Beispiele:

Der Gesichtsausdruck „Zusammenziehen der Augenbrauen und Augenlieder, Runzeln der Nase sowie leichtes Hinunterziehen der Mundwinkel“ wird stets mit der Gebärde ERNST ausgeführt.
Die Gebärde, welche ausdrückt „etwas nicht zu wollen, aber es trotzdem machen müssen“ kann als nicht-manuelle Komponente aufgeblasene Wangen beinhalten. Die Gesamtheit der manuellen und nicht-manuellen Komponenten bedeutet: „Ich muss etwas erledigen, das ich aber ungern tue.“
Die Negationsgebärde (NOCH)-NICHT wird stets von einer Ausblasbewegung begleitet, indem die Lippen gespitzt werden und Luft aus dem Mund geblasen wird. Dies bedeutet (entsprechend des Kontexts) „nicht“ oder „noch nicht“.

(2)

Zum Zweiten gibt es nicht-manuelle Komponenten, die mit bestimmten Gebärden kombiniert werden können, wie die folgenden Beispiele von Mundgesten oder Kopfbewegungen in Kombination mit einzelnen Gebärden verdeutlichen sollen.

Mundgeste „aufgeblasene Wangen“
„Es staut sich / Es gibt einen (Verkehrs)Stau“ wird ausgedrückt, indem der Gebärde „Auto“ die Gebärde „viele-Objekte“ folgt. Die zweite Gebärde wird von der Mundgeste „aufgeblasene Wangen“ begleitet.
Im Beispiel „viele Menschen kommen zusammen/hin“ wird ebenfalls die zweite Gebärde von der Mundgeste „aufgeblasene Wangen“ begleitet.

Mundgeste „Lippen nach vor“
Wird die Gebärde LESEN während der Äußerung „Ein Buch lesen“ von der Mundgeste „Lippen nach vor“ überlagert, bedeutet dies: „Ein Buch wird gemütlich lesen.“
Werden die Gebärden für „mögen“ und „arbeiten“ gemeinsam mit der Mundgeste „Lippen nach vor“ ausgeführt (hier auch mit einem stetigen Nicken des Kopfes) bedeutet dies: „ Ja, ja, ich arbeite wirklich/schon gerne.“

Mundgeste „Lippen gespitzt nach vor“
„Eine sehr schlanke Frau“ wird ausgedrückt, indem die Mundgeste „gespitzte, nach vor zeigende Lippen“ die Gebärde mit dem Inhalt „eine schmale, vertikal ausgerichtete Form“ begleitet.
„Ich mag das dünne Buch / Ich mag dünne Bücher“ wird gebärdensprachlich geäußert, indem den Gebärden „mögen“ und „Buch“ die Gebärde mit dem Inhalt „eine dünne, horizontal ausgerichtete Form“ folgt, welche von der Mundgeste „Lippen gespitzt nach vor“ begleitet wird.

Die folgenden Beispiele zeigen Bewegungen des Kopfes bzw. Oberkörpers, welche zusammen mit bestimmten Gebärden auftreten können.

Vorstrecken des Kopfes
Ein Vorstrecken des Kopfes kann die Gebärde „wie geht es dir“ begleiten. „Ich gebe DIR einen Blumenstrauß“ kann ausgedrückt werden, in dem das Übergeben des Blumenstraußes gleichzeitig mit einem Vorstecken des Kopfes ausgeführt wird.

Zurückziehen des Kopfes In der Äußerung „der Chef dreht sich zu mir und (er) tadelt mich“ wird das an mich gerichtete Tadeln von einem Zurückziehen des Kopfes begleitet. Im Beispiel „ich werde von einigen Personen kritisiert. Diese Kritik weise ich zurück“ wird die Gebärde für das „Zurückweisen“ von einem Zurückziehen des Kopfes überlagert.

(3)

Zum Dritten können nicht-manuelle Elemente wie beispielsweise Kopfnicken oder Kopfschütteln eine gesamte gebärdensprachliche Äußerung begleiten. In den anschließenden Beispiele werden die Gebärden „ICH IX-dort-hin“ von jeweils unterschiedlichen nicht-manuellen Bewegungen begleitet werden. Dies führt zu einer Bedeutungsdifferenzierung.

Kopfnicken
Begleitendes Kopfnicken drückt aus: „Ja, ich gehe dorthin“

Kopfschütteln
Begleitendes Kopfschütteln drückt aus: „Nein, ich gehe dort nicht hin.“

Senken des Kopfes samt Ausführung weiterer nicht-manueller Elemente zum Anzeigen einer Frage
Senken des Kinns und Ausführung weiterer nicht-manueller Elemente (zum Anzeigen einer Frage) drückt aus: „Soll ich dort hingehen?“

Regelmäßiges, seitliches Wippen des Oberkörpers
Regelmäßig ausgeführtes, seitliches Wippen des Oberkörpers drück aus: „Ich weiß nicht so recht, ob ich dort hingehen soll.“

(2023-01-14)